Der Drache und die Schlange

Es sang eine schillernde Schlange
aus tiefen Brunnens Grund.
Sie trug ein glitzerndes Gewand,
und wer sich beugte über den Rand,
ward seltsamer Dinge kund.

Sie trug eine perlenne Krone.
Ihrer Augen diamantness Azur
verzauberten jedes Wesen
und lies es gar vergessen
was es je einer Anderen schwur.

Das tiefste Sehnen und Ahnen
ergriffen ihm Herz und Sinn.
Alle Weisheit und lieblichste Schönheit
 erschienen ihm dort zum Greifen bereit
mit ihrer Krone Gewinn.

Es hauste ein mächtiger Drache
auf Urväter verfallenem Schloß
Er herrschte über die Weiten,
und wer mit ihm wollte streiten,
sich Hirn und Blut vergoß.

Seine Schätze waren von Golde,
doch von Eisen war sein Herz.
Mit der Pracht und dem Glanz seiner Waffen,
konnte er sich das Ansehen verschaffen
als des "Ritters vom funkelnden Erz".

Doch sein herrliches Antlitz war Maske!
Er kannte nicht Liebe und Lust;
erstarrt war sein inneres Wesen,
er fühlte kein glutvolles Leben,
ihm schlug nicht das Herz in der Brust.

Einst trat er an jenen Brunnen,
in welchem die Zauberin sang.
Er sah ihre Krone sprühen;
da fühlt er das Eisen erglühen,
und Sehnsucht ins Herz ihn drang.

Diese Krone zu besitzen,
erschien ihm höchster Preis.
Doch als er sie wollte ergreifen,
da war sie nur ein Reifen
aus Wassertropfen weiß.

Die Schlange war verschwunden,
alle Schönheit war dahin.
Doch sein Herz hat zu schlagen begonnen,
ihr Bild blieb unbenommen
in sehnsuchtsvollem Sinn.